Sind wir als Kirche „besonders“?

Ihr habt gesehen, was ich Ägypten angetan habe, wie ich euch auf Adlerflügeln getragen und hierher zu mir gebracht habe. Jetzt aber, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein. … ihr sollt mir als ein Reich von Priestern und als ein heiliges Volk gehören.“

Kirche – Gottes Volk – sein besonderes Eigentum?

Das scheint doch wie Hohn zu klingen in einer Zeit, wo viele Kirche nicht mehr für systemrelevant halten, wo Skandale offenkundig werden, wo Streit zwischen Theologen und Amtsträgern fundamentalistische Züge annimmt.

Gottes besonderes Eigentum!

Und doch – wenn wir in unsere eigene Glaubensgeschichte schauen. Da ist doch was dran.

Dass wir hier sind heute, kommt nicht von ungefähr. Großeltern, Eltern haben uns Gott und Jesus kennen lernen lassen. Er hat uns immer wieder einmal berührt in unserem Inneren:

Bei einem tiefen Gespräch über ein Bibelwort, das auf einmal in mein Leben sprach; bei einem Gottesdienst, nach dem ich voller Freude und Begeisterung nach Hause ging; bei einer Freizeit, wo ich die Gemeinschaft der Mitglaubenden sinnenhaft gespürt habe.

Und wie war das am Donnerstag, an Fronleichnam in der Corona-Krise? Ohne große Werbung, einfach durch Mundpropaganda, durch Medienkontakte kamen 71 Menschen aus verschiedenen Ecken usnerer Gemeinde zusammen und feierten einen musikalisch begeisternden Gottesdienst. MessdienerInnen waren da, zehn oder mehr – Wochen lang konnten die meisten keinen Dienst tun.

Ja, Gottes Volk wurde sichtbar.

Waren wir etwas Besonderes? Ja und nein.

Ja: wir hängen an diesem Gott, der in dieser Gemeinde anwesend ist, der uns im Augenblick Unsicherheit und Zukunftssorge aushalten lässt. Ja, wir hängen an diesem Gott, weil er ein Teil unseres Lebens ist.

Aber etwas Besonders? Nein!

Christen sind nicht für sich selbst da. Nicht das Motto „Rette deine Seele“ ist unsere Haltung, sondern der Blick ist gerichtet auf die Menschen, von denen im Evangelium die Rede ist: „Jesus hatte Mitleid mit ihnen, denn sie waren erschöpft wie Schafe, die keinen Hirten haben.“ Und er machte die Zwölf, er schuf die vielfältige, bunte, so gegensätzliche, verschworene Gemeinschaft der Apostel, sammelte Jüngerinnen und Jünger und schickte sie raus:

Geht und verkündigt: Das Himmelreich ist nahe gekommen. Heilt Kranke, erweckt Tote, treibt Dämonen aus …!

Das besondere Volk Gottes ist da für die Suchenden, für die Schwachen, für die, die voller Ängste und Depressionen stecken.

Und Ihr werdet voll Erstaunen merken, dass ich der Gott des Lebens bin und wirklich durch euch ein Stück Welt verändern kann.