Plädoyer für eine bunte und vielfältige Kirche

Vielfältig ist unsere Welt. Milliarden von Tier- und Pflanzenarten; Stein-, Sand-, Eiswüsten; Urwald, Savanne, Gebirge, Inseln und Festland; Tundra und Reisterrassen.

Schwarze, rote, gelbe, weiße Menschen und dazwischen alle möglichen Mischungen von Hautfarben; unzählige Kulturen und Religionen, archaische Lebensformen und hochzivilisierte Länder.

Und mitten in dieser Welt Menschen, die an Jesus Christus glauben und sich eine Zukunft vorstellen, einen neuen Himmel und eine neue Erde, wo alle in Harmonie und Freude an dieser Vielfalt leben werden.

So schön und vielfältig diese Welt ist, sie ist nur vorübergehende Bleibe: „Unsere Heimat ist im Himmel“, sagen die Christen.

Dieses Bunte, Vielfältige der Schöpfung muss man aber auch spüren können.

Jahrhunderte lang war es anders, da hatte die Kirche keinen offenen Blick für andere Kulturen und Religionen, da herrschten europäische Staaten rücksichtslos über ihre Kolonien in Asien, Afrika und Lateinamerika aus: Sklavenhandel, Export von wichtigen Bodenschätzen und Ausbeutung der Bodenschätze Verachtung der einheimischen Kulturen und Zwangstaufen waren Kennzeichen dieser Kolonialisierung.

Die Kirche sollte als felsenfeste Institution verankert werden und die ganze Welt unter ihre Autorität zu zwingen.

Christen verstanden den Missionsauftrag Jesu so: Durch Missionare sollte das Reich Gottes sich auf dieser Erde ausbreiten; die sollten den sog. „primitiven“ Völkern europäisch-römische Kultur beibringen sollten und den Glauben an Jesus Christus als allein seligmachend verkünden.

Das änderte sich mit dem 2. Vatikanischen Konzil grundlegend. Jetzt sah die Kirche wertvolle Erfahrungen und reiche Schätze in den verschiedenartigen Kulturen, ermutigte die Teilkirchen, Gott in ihren Sprachen, Formen und Farben zu loben, entdeckte in anderen Religionen andere Zuwege zu dem Gott, der selber vielfältig und farbenreich sei.

Das Wort Mission und damit auch der Welt-Missionssonntag haben wahrhaftig eine andere Bedeutung bekommen.

Zurück zu den Wurzeln geht der Blick.

Die Christen sind Menschen wie die übrigen: sie unterscheiden sich von den anderen nicht nach Land, Sprache oder Gebräuchen.

Wie sie jedoch zu ihrem Leben als solchem stehen und es gestalten, darin zeigen sie eine erstaunliche und, wie alle zugeben, unglaubliche Besonderheit.

An allem haben sie teil wie Bürger, ertragen aber alles wie Fremde. Jede Fremde ist ihnen Heimat und jede Heimat Fremde.“

So heißt es in der frühen Kirche im Brief an Diognet. Da wird ein anderes Bild von Kirche vermittelt:

Bedenkt, ihr Christen, dass ihr Fremde seid! Eine kleine Gruppe, die ein einfaches Leben führt, die um ihre Gefährdung weiß, aber auch um ihre Besonderheit.

Gott hat euch wie Israel aus allen Völkern ausgesondert, sein Volk zu sein und seine großen Taten zu verkünden.

Durch den Glauben an Jesus Christus haben wir eine Zukunftshoffnung gewonnen, die unserem Leben eine faszinierende Ausstrahlung gibt.

In verzweifelten Lebensphasen können wir wieder aufstehen; wir schreiben nicht alles unserem Handeln, sondern der Kraft des Gottesgeistes zu. Wir können deshalb in Gelassenheit und Zuversicht in den vielfältigen Bedrohungen dieser Welt leben; wir haben einen Blick für die anderen Fremden und für die, denen es an Lebensqualität mangelt; wir teilen das, was wir haben, wir trösten und ermutigen; wir freuen uns an guten Tagen und genießen, was die Erde an Schönem und Überfluss hervorbringt.

Wir mischen uns ein, wenn Unrecht geschieht, und leihen unsere Stimme den Stimmlosen, damit Gott ihre Schreie hört.

Da erscheint Kirche als eine Gemeinschaft, in der man sich angenommen fühlt und respektiert und gewürdigt. Da kann die Kirche das vorwegnehmen, was einmal in der neuen Welt Gottes Dauer bekommen soll.