Warum bezahlt ihr mit Geld, was euch nicht satt macht? Osterpredigt zu Jes 55,1-11

2Warum bezahlt ihr mit Geld, was euch nicht nährt, / und mit dem Lohn eurer Mühen, / was euch nicht satt macht? Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen / und könnt euch laben an fetten Speisen.

Ist das nicht die Osterbotschaft, die  genau in unsere gesellschaftliche und kirchliche Situation spricht?

Wir leben in Europa, Nordamerika und manchen Ländern Asiens in einem Wohlstand, der uns eine Überfülle von Waren, Dienstleistungen und Freizeitangeboten bereit hält. Wir tun uns geradezu schwer, zwischen den vielen Marken desselben Produktes auszuwählen, wir wechseln zwischen den Dienstleistern von Energie und Netz je nachdem wir glauben, ein günstigeres Schnäppchen zu machen; wir können zwischen hunderten Urlaubsangeboten, Wellness-Hotels, Kreuzfahrten  und Erlebnistouren auswählen. Allerdings leisten können sich das nur die, die genug im Portemonnaie haben.

Und damit kommt auch gleich die andere  Gesellschaftsschicht in den Blick, die sehen muss, wie sie über die Runden kommt, die ausgeschlossen ist von den Grundrechten auf Wasser und Wohnung, von Bildung und kulturellen Angeboten. Entweder haben sie um das Lebensnotwendige zu kämpfen oder sie gehören zu denen, die trotz aller Anstrengungen nicht in die Mittelschicht unserer Gesellschaft aufsteigen.

Und was sagt dieser Text aus dem Propheten Jesaja über unsere Kirche aus? Kümmern wir uns nicht mehr um die Frage, welche Kirchengebäude erhalten bleiben, zählen weiterhin die Gottesdienstbesucher und listen die Zahlen der Taufen, Erstkommunionen, Firmungen und Eheschließungen auf? Halten wir nicht an vielen Angeboten fest, die nur noch wenige interessieren, die also offensichtlich nicht mehr den Hunger der Suchenden stillen.

Ja, es gibt noch die abnehmende Schicht der Glaubenden, die zufrieden sind mit den gemeindlichen Gottesdiensten und Begegnungen, die sich freuen an Andachten, Wallfahrten und Gemeindefesten; sie fühlen sich gesättigt und schätzen es, dass sie wertgeschätzt werden. Das bleibt eine wichtige Aufgabe künftiger Pastoral.

Aber was ist mit den anderen, die Kirche als verkrustet und autoritär empfinden, die nicht satt werden von den leeren Worten und  Ritualen, die aber genauso unzufrieden sind mit der Überflussgesellschaft und nach Lebenssinn und persönlichem Glück suchen?

1Auf, ihr Durstigen, kommt alle zum Wasser! /

Auch wer kein Geld hat, soll kommen. Kauft Getreide und esst, kommt und kauft ohne Geld, / kauft Wein und Milch ohne Bezahlung!

 Hört auf mich, dann bekommt ihr das Beste zu essen und könnt euch laben an fetten Speisen.

 Ist das nicht die Osterbotschaft: Jesus ist nicht im Grab geblieben; Gott hat ihn auferweckt von den Toten und ihn zu seiner Rechten erhöht.

 In diesem Jesus, von dem wir glauben, dass er Mensch geworden ist und hinein gekrochen ist in die unmenschlichsten Situationen bis hinein in Verachtung, Verurteilung und Tod: in diesem Jesus ist uns eine Perspektive eröffnet, die uns zufrieden macht, uns mitreißt zu tatkräftiger Hilfe bei dem Projekt, das Reich Gottes schon hier auf Erden sichtbar zu machen.

Aber wie können wir uns einklinken in diese Bewegung, die der Auferstandene angezettelt hat?

In einem Buch (Den Brunnen tiefer graben, Verlag Neue Stadt, 48) zitiert Christian Salenson den Prior von Tibhirine, Christian de Cherge, einen der sieben Mönche, die 1996 in Algerien ermordet wurden:

„Seit jenem Tag, an dem er mich plötzlich bat, ihn beten zu lehren, ist es Mohammed zur Gewohnheit geworden, zu uns zu kommen und sich regelmäßig mit mir zu unterhalten. Er ist ein Nachbar. So haben wie eine lange gemeinsame Geschichte.“

Christian hatte oft nicht viel Zeit.

„Eines Tages fand er (Mohammed) eine Formel, um mich zur Ordnung zu rufen und eine Begegnung zu erbitten: ‚Seit langem haben wir nicht  mehr unsere Brunnen tiefer gegraben‘.

„Den Brunnen tiefer graben“: Das könnte auch ein Codewort für jeden von uns sein.

Salenson schreibt:

„Zum Brunnen geht man, um Wasser zu schöpfen und seinen Durst zu stillen.

Der Durst symbolisiert das Verlangen. Wer seinem tiefen Verlangen auf den Grund geht, der gräbt seinen Brunnen tiefer.

Jeder Mensch gleicht einem Wünschelrutengänger, keiner kann ihm die Suche nach der lebendigen Quelle abnehmen. Er muss in die Tiefe gehen, nach innen, auf den Grund des Brunnens. Er muss dorthin gehen, wo ihn dürstet, wo das Verlangen lebendig ist und der Mangel schmerzt,. Oft ist die Quelle verschüttet. Wieviel Überflüssiges, wie viele Hindernisse, unnötige Sorgen, vorgefasste Meinungen, allzu berechnetes Abwägen erschweren es oder verhindern, dass sie sprudelt.

Die  Heilige Schrift warnt uns davor, wir müssen aufpassen, dass wir die lebendige Quelle nicht eintauschen gegen eine rissige Zisterne und uns anstelle von frischem, sprudelndem Wasser nicht mit abgestandenem begnügen.

Den Weg zu den Quellen geht man selten allein. Wir brauchen Brüder und Schwestern, Freunde, eine Gemeinschaft, andere Gläubige, Weggefährten, die uns beistehen, denn immer wieder beginnen wir unterwegs zu zaudern.