„Wollt auch ihr weggehen?“ eine spannende Frage in der Liturgie des Sonntags

D i e  Frage  aus dem Evangelium trifft nicht wenige, die katholisch getauft wurden, ins Herz: „Wollt auch Ihr weggehen?“

Die strukturellen Umbrüche in unserem Bistum, die Verringerung der Gottesdienstangebote und – damit zusammenhängend – die schwindende Vielfalt in der Gestaltung der Liturgie, die sichtbare Abnahme der Besucherzahlen, die aus vielen Teilen der Weltkirche zu Tage tretenden Skandale, die spürbare Uneinigkeit unter den deutschen Bischöfen und auch unter  Hauptberuflichen, die Diskrepanz zwischen dem, was die Verantwortungsträger in der der Kirche sagen, und dem Verhalten der Gläubigen in  Fragen des Eheverständnisses, der Zulassung von Geschiedenen und Wiederverheirateten sowie von Protestanten zur Kommunion: das alles löst doch die Frage aus, ob sie nicht offiziell aus der Kirche austreten oder einfach wegbleiben sollen; viele kommen einfach nicht mehr.

Und Jesus fragt auch uns, die wir noch hier sind: „Wollt auch ihr weggehen?“

Petrus spricht da im Evangelium ein großes Wort:

„Herr, zu wem sollen wir gehen? Du hast Worte des ewigen Lebens. Wir haben geglaubt und erkannt: Du bist der Heilige Gottes.“

Ist das auch unser Glaubensbekenntnis entgegen dem allgemeinen Trend; auch unser Glaubensbekenntnis, weil wir im Grunde unseres Herzens nicht loskommen von dem Jesus Christus, der uns irgendwann einmal angerührt und in Bann geschlagen hat?

Die Lesung aus dem Buch Josua wirft auf diese Frage  noch ein anderes Licht, verknüpft sie mit den Erfahrungen der Vergangenheit.

Josua, der Nachfolger des Mose, der das Volk über den Jordan in das verheißene Land geführt hat, ist alt geworden  und will das Volk für die Zukunft bereit machen.  Er kennt die Gefahr, dass das Volk ohne Erinnerung lebt, all die Großtaten Jahwes aus der Wüstenzeit vergisst, sich den religiösen und kulturellen Vorstellungen und Riten der Stämme anpasst, unter denen es jetzt lebt.

So beruft er  die Vertreter aller Stämme nach Sichem und stellt sie vor die Entscheidung:

„Wenn es euch nicht gefällt, dem Herrn zu dienen, dann wählt euch heute, wem ihr dienen wollt: den Göttern, die eure Väter  jenseits des Stroms verehrten, oder den Göttern der Amoriter, in deren Land ihr wohnt. Ich aber und mein Haus, wir wollen dem Herrn dienen.“

Entscheidung ist gefordert, ja oder nein zu sagen und die Konsequenz der Entscheidung zu leben.

Und dann wird in der Versammlung von Sichem ein befreiendes Bekenntnis laut:

„Das sei uns fern, dass wir den Herrn verlassen … Der Herr, unser Gott. hat uns und unsere Väter aus Ägypten, dem Ort der Knechtschaft  heraufgeführt.  Er hat vor unseren Augen diese großen Wunder  vollbracht und uns beschützt  auf allen Wegen, die wir gingen. Wir wollen Herrn dienen.“

So wie hier mitten unter anders Glaubenden und anders Handelnden Israel das Bekenntnis zu Jahwe ablegt; wie unter den Anhängern Jesu mitten unter Nichtglaubenden und Unverständigen Petrus für die spricht, die bei ihm bleiben wollen, so braucht es auch heute, hier in unseren Gemeinden diese Entscheidung:

Wir wollen in unserem Lebens als Glaubende diesen Jesus so transparent machen, dass andere neugierig werden, von uns wissen wollen, warum wir dabei bleiben; sich uns anschließen, um Erfahrungen zu machen, die sie im Innersten total verändern. Wir wollen die sich verändernde Kirche gestalten

Zuerst braucht es dieses Bekenntnis, diesen Sprung in das Risiko, ja das Abenteuer  des Glaubens – dann aber auch die dazugehörige Glaubenspraxis.

Glaube ist nicht nur innere Zustimmung, sondern muss auch Tat werden – so vielgestaltig wie wir es in den Evangelien, der Apostelgeschichte und in den Briefen nachlesen können.

Beim Propheten Sacharja finde ich dann eine Verheißung, die auch für heute gelten könnte:

„In jenen Tagen werden zehn Männer aus Völkern aller Sprachen einen Mann aus Juda an seinem Gewand fassen, ihn festhalten und sagen: Wir wollen mit euch gehen; denn wir haben gehört: Gott ist mit euch.“