Die Quelle suchen

Wander Torres Costa gehörte zu der zweiten Gruppe der Parrei Sagrado Coracao de Jesus in Mariana, die im Jahr 1995 die Partnergemeinde Christ König in Oberhausen besuchte;  zu der Pfarrei mit heute 15 comunidades gehört auch Antonio Pereira.

Wander war damals 17 Jahre alt.  Ein Jahr später schrieb er, dass er überlege Priester zu werden. Er studierte in Mariana und wurde 2004 zum Priester geweiht. Wander hatte schon damals eine Vorliebe für die Philosophie, besonders für die deutschen Philosophen Kant und Hegel, so dass er schon nach einiger Zeit Dozent am Priesterseminar in Mariana wurde. Nach einer Zeit als Pfarrer in Pedro da Anta und Vicosa  und einer Tätigkeit in der pastoral da juventude auf Dözesan- und Regionalebene sowie bei der brasilianischen Bischofskonferenz ist er nun Pfarrer in der Pfarrei Sao Sebastiao in Ponte Nova mit 21 comunidades. Wander verwaltet zurzeit auch noch eine Nachbarpfarrei und ist akademischer Rektor der philosophischen Fakultät Dom Luciano in Mariana. Schließlich gehört zu seinen Aufgaben die Gefängnisseelsorge von Ponte Nova.

Auf facebook stellte er die folgende Ostermeditation ein.

Wander Torres Costa  – Österliche Homilie 2018

Mk 16,1-7

Ich möchte damit beginnen, auf die Frauen am Grab zu schauen.

Diese Meditation erinnert an einen meditativen Refrain:

 „Bei Nacht werden wir gehen, bei Nacht, um eine Quelle zu suchen. Nur unser Durst leitet uns, nur unser Durst treibt uns.“

Für mich drückt dieser Refrain gut aus, was mit diesen Frauen passiert.

Wir können vier Begriffe festhalten: die Nacht, die Suche, die Quelle,

der Durst.

Vergessen wir nicht  … es sind Frauen … Frauen, die suchen … die eine Quelle suchen … die eine Quelle suchen, weil sie Durst haben … und deshalb treten sie der Nacht entgegen … sie haben Durst, sie sehnen sich nach dem Meister; sie möchten dem Meister, der tot ist, das zurückgeben, was er gegeben hat, als er noch lebte: Liebe.  Sie haben Durst nach Liebe. Wer Durst hat nach Liebe und zu lieben, hat keine Furcht vor der Nacht. Obwohl er tot ist, zieht der Meister sie an.

Vielleicht  aus Intuition oder Erfahrung wussten sie, dass der Tod nicht in der Lage ist, die Liebe zu töten …

Die Gewalt konnte nicht die Erinnerung an die Gesten und befreienden Taten  dessen auslöschen, der bis zum Ende liebte.

Sie halten nicht an, entschlossen  … Der Tod des Meisters hat ihnen die Salben, die sie mit sich trugen, nicht weggenommen  … den Duft, das Öl als Wunsch, dass die Gewalt, die er erlitten hat, geheilt werde…. sie möchten dieses Grab, den Ort des Todes, mit dem Duft des Lebens, der Fürsorge erfüllen.

Der Durst zu lieben und geliebt zu werden war so groß, dass selbst der Stein sich nicht als Hindernis erwies – Und obwohl sie sich in ihrem Inneren fragten, wer den Stein für sie weggwälzen würde, hatten sie die Gewissheit, dass sie nichts von ihrem Herrn trennen könnte – und sie gaben so ein Zeichen.

Wie diese Frauen gibt es auch in der Geschichte viele andere Frauen und Männer, die angesichts des Todes nicht resignieren. .. die bei Nacht losgehen, um die Quelle zu suchen, geleitet durch den Durst — den Durst nach Gerechtigkeit, den Durst nach Geschwisterlichkeit, den Durst nach Fürsorge. Die Gewalt, die tötet, löscht nicht den Durst dieser Menschen nach besseren Tagen … diese Menschen halten nicht an, lassen sich nicht aufhalten … diese Menschen, die das Gemeinwohl suchen, die sich um das Wohl in den Häusern sorgen – sie lassen sich nicht durch das Dunkle leiten, sondern durch den Wunsch, den Duft des Lebens zu verbreiten, den Duft, der den bösen Klang der Worte und bitteren Gedanken überwindet, die aus aus den Herzen voller Hass und Ressentiments hervorkommen. …

Es sind Menschen, die trotz des Todes ihrer Weggefährten fortfahren, das zu verbreiten, was sie immer schon verbreitet haben.  Und auch nicht der Stein, der einen neuen Anfang, eine neue Zeit, eine neue

Sonne, die eine neue Zivilisation der Liebe aufleuchten lässt, verhindert – dieser Stein kann sie nicht hindern, ihr Ziel zu verfolgen …

Nun, im Gegensatz zu dem, was Drumond sagte – auf dem Weg habe es ebensowenig einen Stein wie den Leichnam des Meisters oder ein leeres Grab gegeben – erzählt Markus im Evangelium: Da saß an der rechten Seite  ein Jüngling …  ein Jugendlciher.

Die Auferstehung ist nicht Wiederbelebung eines Körpers, ist auch nicht die Rückkehr in dieses Leben, auch nicht eine Wiedergeburt  …

Auferstehung  ist Veränderung des Sehens, des Denkhorizonts  … Es ist dieser junge Mann, der die Botschaft verkündet  – ein Jugendlicher, welch schöner Zufall!

Gerade mitten in der Vorbereitung zur Jugendsynode im nächsten Jahr, eine Woche nach Beendigung des Vorbereitungstreffens in Rom in Gegenwart von Papst Franziskus  … setzt das Evangelium als Botschafter der Auferstehung einen jungen Mann  …

Hier bei uns, in unserer Pfarrei, bereiteten sich zehn Jugendliche vor, eine gute Botschaft in unsere Gemeinden zu tragen … Ausgehend von dem Thema der Fastenaktion möchten wir Wege finden, um die Gewalt zu überwinden … sie, die Jugendlichen, Träger der Auferstehung …

„Auferstandene“ Jugendliche, „auferstandene“ Frauen – ein schöner Zusammenhang, weil sie Menschen sind, die leiden – sind die größten

Opfer der Gewalt in unseren Tagen …

Negras, Negros, die Wege der Auferstehung suchen und auf Zeichen der Auferstehung,  der Überwindung (des Todes)  treffen.

Manchmal höre ich, man müsse die Jugendlichen wieder zur Kirche ziehen  … es gibt aber in der Kirche nichts für die Jugendlichen,  und das sage ich auch in Bezug auf unsere Pfarrei … aber, möchte ich sagen, wenn es von mir abhinge, würde ich keine Methoden oder religiösen Formen benutzen, die die Jugend entfremden, die zwar schön und voller Leben zu sein scheinen … die aber verwelken, vergehen wie die feine Blüte des Weizens, vergehen mit enormer Geschwindigkeit …

Was wir brauchen – das Leben und die Auferstehung entdecken.

Nicht die Jugendlichen müssen zur Kirche (zurück)kommen, sondern die Kirche muss jung werden.

Klar, wir müssen den Jugendlichen helfen, ihnen die Schönheit des Evangeliums zeigen … aber der Jugendliche kann den Jugendlichen besser evangelisieren.

In einer Zeit, in der viele Jugendliche reaktionären, faschistischen Ideen anhangen, voll von Hass und Intoleranz, müssen wir darüber nachdenken, dass wir es vielleicht sind, die aufhören müssten, das anzubieten, was die Menschheit an Schlechtem hervorgebracht hat  ..

Es gibt gute Jugendliche, es gibt sehr gute Jugendliche mit Tätowierungen, mit ihren Piercings, ihrer Musik, ihrem Lebensstil, ihren Kopfhörern,

in denen Auferstehung passiert … sie mahnen uns: erschreckt euch nicht, erschreckt euch nicht über uns!  Es stimmt: wir machen Krach, machen manchmal etwas falsch, treten nieder, aber erschreckt euch nicht über unsere Symbole, unsere Kleidung, unsere Jugendkultur: sie steckt voller Auferstehungszeichen.

Zum Schluss sagt der Junge Mann den Frauen:

 „Geht und sagt seinen Jüngern und dem Petrus: er geht  euch voraus nach Galiläa; dort werdet ihr ihn sehen, wie er es euch gesagt hat.“

Zurückkehren nach Galiläa …Versteht es richtig:  Jesus war Galiläer, seine Jünger waren zum großen Teil Galiläer … Galiläa … Peripherie … Favela … Ende der Welt … Ort der Menschen zweiter Klasse … und dort begegnet man dem Auferstandenen.

Zurückkehren  nach Galiäa  ist: die erste Liebe wiederfinden, den ersten Zauber  durch Jesus und  die  Seinen.

Gleich werden wir unsere Taufe erneuern, unsere erste Begegnung (mit Jesus)  … wenn ich ein Kind taufe, schaue ich es an, manchmal auch seine Eltern und Paten, und ich denke: Was wird aus diesem Kind werden. Es gibt soviel Liebe … aber ich denke auch, wieviel dieses Kind zu kämpfen hatte, um hier anzukommen …

Aber es gibt Hoffnung:  alle träumen davon, dass dieses Kind  ein gutes menschliches Wesen wird,  die Welt bereichert mit mehr Liebe  …

Zurückehren nach Galiläa ist das:  Zurückkehren zu unserer ursprünglichen  Berufung als Getaufte, als von Jesus Christus Geliebte … aber in Galiläa!

Morgen in der Frühe, wenn wir mit drei Pfarreien in einem der Rand-gebiete unserer Stadt die Messe feiern, möchten wir diesen Augenblick mit Leben füllen … nach Galiläa gehen … dem Auferstandenen begegnen …

„Bei Nacht werden wir gehen, bei Nacht …die Quelle zu suchen … nur unser Durst leitet uns, nur unser Durst treibt uns…“

Möge die Auferstehung Christi uns zu neuen Frauen und Männern machen, mit einem neuen christlichen Lebensstil; fähig die dunkle Nacht zu überwinden mit unserem Duft der Liebe, Zärtlichkeit, Hoffnung und vollen, überfließenden Lebens.