zu Mt 16,13 ff
„Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“
Das ist d i e Frage an jeden Einzelnen von uns.
Wer ist Jesus für mich?
Und sehr schnell wird klar: so einfach ist die Frage nicht zu beantworten.
Das Bistum hat für den Zukunftsprozess einige Eigenschaftswörter formuliert: eines davon heißt „berührt“.
Wer berührt ist von der Person Jesu Christi, wer etwas von seinem Geist eingeatmet und versucht hat, damit in seinem Alltag Erfahrungen zu machen, der fängt an, die Frage Jesu zu beantworten.
In den Wochen der Pandemie habe ich ich ein kleines Buch von Carlos Mesters gelesen, einem brasilianischen Theologen, der viele Schriften verfasst hat für die Basisgemeinden im Interior, für Katechetinnen und Katecheten. In diesem Buch “Mit Jesus gegen den Strom“ geht es um diesen Mann aus Nazaret.
Mesters schreibt: Wenn es heute wäre, würden die Antworten sein:
Einige sagen: du bist der größte Wundertäter aller Zeiten.
Andere; Du hast die Welt erschaffen
Viele Menschen nenneb dich den ‚Herrn Jesus‘
Einige denken, dass Du ein Revolutionär bist, ein Eiferer
Petrus hat ohne Zögern geantwortet: „Du bist Christus, der Messias; der, den das Volk erwartet.“
Jesus hat dann zu Petrus gesagt: Das ist wahr, aber wisse, wir gehen nach Jerusalem, und dort werden sie mich töten. Da hat Petrus, schockiert, Jesus beiseite genommen und gesagt: „Das soll nicht geschehen, niemals!“
Und Jesus antwortet dem Petrus: „Weg mit dir, Satan!“
Und ich, will ich wie Petrus, dass Jesus meinen Wünschen entspricht?
Die Evangelien berichten sehr unterschiedlich über Jesus.
Mesters macht darauf aufmerksam:
Die ersten Christen bewahrten die Worte Jesu nicht wie die Worte eines Vergangenen. Für sie war Jesus kein Toter, an den man mit Nostalgie dachte, sondern er war immer sehr lebendig in ihrer Mitte. Wenn sie die Worte des Eavngeliums lasen oder hörten, hörten sie sie nicht wie Worte, die zwanzig oder dreißig Jahre alt waren, aufgenommen auf einem Gerät, sondern als Worte, die Jesus im selben Moment an sie richtete. Sie erinnerten sich an die Worte aus der Vergangenheit, um Jesus besser kennen zu lernen, der mitten unter ihnen lebendig war.
Das ist so, wie wenn man alte Fotos betrachtet, die uns weniger bekannte Facetten des Freundes enthüllt, der an unserer Seite steht. Ihre große Besorgnis war nicht, genau zu wissen, was Jesus damals gesagt hat, sondern treu zu sein zu dem, was Jesus ihnen „jetzt und hier“ sagt durch die Worte, die in den Evangelien aufbewahrt wurden, um IHN nachzuahmen und IHM zu folgen. Da ist wie in einer Familie: Schwestern und Brüder erinnern sich an Worte des Vaters. Jede und jeder bewahren sie auf eigene Weise und übermitteln sie in ihrer Weise an ihre KInder und Enkelkinder. Man diskutiert nicht darüber, ob er dieses oder jenes Wort gebraucht hat.
Wer ist Jesus für mich ?
Ja, meine Antwort ist keine Aussage, die auf Nachdenken und Logik beruht, sondern die Bezeugung, dass dieser Jesus sich in mein Leben eingemischt hat; mich gepackt hat – und deshalb komme ich nicht mehr von ihm los, auch wenn ich seine Gegenwart nicht spüre.
Hinter der Frage Jesu versteckt sich noch eine andere Frage:
„Vertraut ihr mir? Hat Euch die Zeit unseres gemeinsamen Weges eine Ahnung vermittelt, welche Aufgabe ich übernommen, welche Sendung ich zu erfüllen habe?
Es geht nicht um die Formulierung eines Glaubens-bekenntnisses, um Worte, sondern um eine viel tiefgründigere Entscheidung: Seid ihr bereit, das Risiko meines Weges zu teilen; die Konsequenzen auf euch zu nehmen, die diese Entscheidung mit sich bringt.
Gotteserfahrungen machen Menschen nicht nur in der Tiefe, in der Stille, im Lauschen, ob da eine Stimme ist, sondern auch in der Begegnung mit Menschen, besonders mit den Armen und Schwachen.
Da bekommt die Frage Jesu auf einmal eine Härte, will eine klare Antwort:
Bist du bereit, auf Privilegien zu verzichten und den Armen den ersten Platz einzuräumen;
auf Gewalt zu verzichten, den ersten Schritt zur Versöhnung zu tun;
den Glauben anderen gegenüber offen zu bekennen.
Rechenschaft davon zu geben, wie der Glaube meinen Alltag prägt und mir hilft, Schwierigkeiten zu überwinden.
Jesus stellt die Vertrauensfrage.
So wie in einem Parlament irgendwann der Zeitpunkt gekommen ist zu klären, ob die Parlamentarier noch hinter dem Regierungschef oder der –chefin stehen und dann die Vertrauensfrage gestellt wird: so auch hier.
Jesus muss wissen, wer mit ihm in die kommende schwere Zeit gehen will. Die Unheilszeichen sind schon zu sehen, der Gegenwind zu spüren.
Das ist die Herausforderung von heute genauso wie damals:
Der Glaube ist angefochten, gibt kaum Antwort auf die drängenden Fragen, die die Menschen bewegen. Kirche ist für die meisten Mitbürger ohne Bedeutung, es gibt immer weniger verlässliche Momente im Zusammenleben
Da stellt sich heute wie damals die Vertrauensfrage. Traue ich diesem Jesus und seiner Gemeinde zu, dass wir Salz sind, das das Zusammenleben schmackhaft macht, dass wir Licht sind, wo Menschen keinen Ausweg mehr sehen; das wir Sauerteig sind, der Veränderungen bewirken kann in uns selber wie in unseren Gemeinden.