Gedanken zu Mt 10, 37-38
Hart klingen die Worte Jesu im Evangelium heute; als ob für ihn Familienbande nicht zählten:
„Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert, und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht wert.“
Wenn man das ganze Kapitel 10 dann liest, merkt man: es geht um die Ansage: „Das Himmelreich ist nahe gekommen.“ Und diese herannahende Königsherrschaft Gottes zu verkünden, bedarf des ganzen Einsatzes der Person. Nur wer mit Leib und Seele, mit all seinen Kräften unbeirrt und konsequent sich für die Durchsetzung von Gottes Herrschaft einsetzt, wird auch das Reich Gottes erben.
Ich denke, wir können durchaus diese Sätze des Evangeliums auf den heutigen Tag beziehen. Dann bekommt der Abschied von Kirche und Kloster bei aller Trauer eine positive Wendung.
Wer überkommene kirchliche Strukturen nicht verändern will in einer sich rasend schnell verändernden Welt; wer so sehr mit seinen Einnerungen, mit seinem Herzen an Gebäuden hängt, die zu groß geworden sind wie ein zu groß geratener Mantel; wer wer nicht die Notwendigkeit sieht, zurückzulassen, was bisher getragen hat, aber jetzt eher Ballast geworden ist, der verfehlt den Auftrag Jesr: Geht und predigt: Das Himmelreich ist nahe gekommen.
Nur wer frei ist und mit wenig Gepäck unterwegs, kann leichtfüßig und tatendurstig vorwärts wandern, Zukunft in den Blick nehmen, am Rande unterwegs Möglichkeiten entdecken, er oder sie vorher nie gesehen hat, die aber faszinieren und neue Kräfte wecken.
Und dann wird noch von dem Kreuz die Rede sein:
„Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert.“
Niemand darf sagen, der heutige Tag sei nicht mit Trauer, Schmerz, vielleicht auch mit Zorn verbunden, aber nur indem wir Trauerarbeit leisten, indem wir das Loslassen schmerzhaft spüren und probieren, werden wir eine neue Unabhängigkeit gewinnen, die offen ist für das Wirken des Hl. Geistes.